Historie der Gustav-Hacker-Siedlung

Hintergrund und Entstehung (1945-1956)
Nach 1945/46 strömten Millionen deutscher Vertriebener und Flüchtlinge, davon bis 1950 721.000 nach Hessen, nach Groß-Umstadt. Ende 1947 lebten dort 1520 Flüchtlinge, Vertriebene und Evakuierte bei 3800 Einwohnern, was die Stadt vor immense Probleme wie Wohnungsnot und Hygienemängel stellte. Anfang der 1950er Jahre fehlten in Umstadt 475 Wohnungen, und selbst nach dem Bau von 250 neuen Einheiten bis 1952 blieb der Bedarf hoch. Bürgermeister Ludwig Wedel entwickelte 1954 ein Konzept für 60 Nebenerwerbslandwirte. Aufgrund der Anforderung des Bundesausgleichsamtes von mindestens 1000 qm pro Stelle wurde 1956 beschlossen, 125 solcher Nebenerwerbsstellen am heutigen Standort der Gustav-Hacker-Siedlung in Umstadt und Richen einzurichten. Dieser Standort war ideal, da Ackerflächen nicht bebaut werden durften und das Feuchtgebiet niedrigere Grundstückspreise bot.

Bau und Entwicklung (ab 1957)
Der Baubeginn der Gustav-Hacker-Siedlung erfolgte am 22. Juni 1957, wobei umgehend Kanal-, Wasser- und Stromleitungen verlegt sowie die Grundstücke vermessen wurden. Die Nassauische Siedlungsgesellschaft begann mit den Bauarbeiten, welche anfangs jedoch Mängel aufwiesen. Viele der neuen Eigentümer, die zuvor oft selbstständige Bauern waren und nun als Hilfsarbeiter tätig waren, packten tatkräftig mit an; auch ihre Ehefrauen waren häufig berufstätig, um den Aufbau zu unterstützen. Noch im Jahr 1957 fand die feierliche Grundsteinlegung statt, an der Staatsminister Gustav Hacker sowie die Bürgermeister Ludwig Wedel und Adam Storck teilnahmen. Im Sommer 1958 zogen die ersten Bewohner ein, und Ende 1959 waren alle Nebenerwerbsstellen belegt. In den Folgejahren wurde die Siedlung zweimal erweitert: 1966 im Bereich der Eisenacher Straße und Ende der 1960er Jahre im Richer Teil „An der Steinmauer“.

Infrastruktur und Wandel
Die Infrastruktur der Siedlung wurde durch eine Reihe wichtiger Entwicklungen maßgeblich verbessert. Dazu gehören der Sozialwohnungsbau, die Errichtung der Ernst-Reuter-Schule, eines evangelischen Kindergartens, einer betreuenden Grundschule, einer Großsporthalle sowie des katholischen Gemeindezentrums „St. Wenzel“. Ebenso trugen der Straßenausbau, die Beseitigung störender Strommasten und die Ansiedlung von Geschäften, Gaststätten, einer Tankstelle und einer Bank zur Steigerung der Lebensqualität bei.

Ursprünglich war die Siedlung von der Nebenerwerbslandwirtschaft mit Tierhaltung und Anbau geprägt. Ab den frühen 1970er Jahren vollzog sich jedoch ein deutlicher Wandel: Die Siedlung entwickelte sich zu einer reinen Wohnsiedlung, in der Grünflächen, Blumenwiesen und Baumlandschaften das Bild dominieren. Die Häuser wurden umfassend umgebaut, modernisiert, vergrößert und gestalterisch an die neuen Bedürfnisse angepasst. Heute präsentiert sich die Siedlung als eine attraktive Wohnlage in Umstadt, die sich durch hohen Erholungswert und ein gutes Kleinklima auszeichnet.

Soziales und Integration
Die Gustav-Hacker-Siedlung ist das beeindruckende Ergebnis des unermüdlichen Engagements und des starken Willens ihrer ersten Bewohner. Trotz des Verlusts ihrer alten Heimat und schwerer persönlicher Rückschläge schufen diese fleißigen Menschen eine neue, lebens- und liebenswerte Heimat. Die Siedlergemeinschaft spielte dabei eine entscheidende Rolle, indem sie maßgeblich zum Zusammenhalt und zur positiven Entwicklung der Siedlung beitrug. Die Integration der Flüchtlinge und Vertriebenen in Groß-Umstadt verlief dank des gemeinsamen Engagements aller Bürger weitgehend reibungslos. Heute sind die ehemaligen Vertriebenen und ihre Nachkommen fest in der Gemeinschaft verwurzelt und identifizieren sich als selbstverständliche Groß-Umstädter.

Nach oben scrollen